Archiv der Kategorie: Gedanken

Drei auf einen Streich (1) – Filmbesprechungen

Seit etwas über einem Jahr bin ich nun auf der Plattform moviepilot aktiv, und finde immer mehr Gefallen daran dort Kurzbesprechungen von Filmen zu verfassen. Da dort mittlerweile ein paar zusammen gekommen sind, möchte ich die gelungeneren hier zusammen führen. Den Anfang machen:

DAS IRRLICHT (1963), Louis Malle

DAS IRRLICHT (1963)

Meine erste Reaktion, als der Film anfing war Erleichterung. Kein Schnittstakkato, stattdessen lange, wunderschön komponierte s/w Einstellungen von einem Mann und einer Frau im Bett. Auf dem Nachttisch keine Mobiltelefone, keine Elektronik, nicht einmal ein “vibrierendes Ei” (à la Woody Allen) – nur Zigaretten. Für die eigene Gesundheit vielleicht fragwürdig, aber der diskrete Charme der Zigarette danach überwiegt eindeutig das Statusupdate im Netz. Diese Unaufgeregtheit des Anfangs sorgte im Handumdrehen dafür, dass ich mich in diesem Film Zuhause fühlte. Und wenn später Maurice Ronet durch Paris läuft, möchte ich ebenfalls dort leben, im Straßencafé sitzen, den vorüber gehenden Menschen zusehen, Jeanne Moreau über den Weg laufen, mit ihr klug parlieren und dann könnte ich glücklich sterben. Ähnlich und doch ganz anders ergeht es Alain im Film. Er redet viel vom Warten, dabei ist er doch auf der Suche. Nach sich selbst. Und zugleich auf der Flucht. Vor sich selbst. Gleichzeitig kann das nicht gut gehen. Er genügt sich selber nicht, und fällt doch immer wieder auf sich zurück. Seine Freunde sind weder imstande die richtigen Worte für ihn zu finden, noch in der Lage ihm die Nähe zu geben, die er braucht, um die eigene Gegenwart ertragen zu können. Noch nie habe ich eine Depression so schön erzählt bekommen, wie in diesem Film.

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Unsere Mütter, unsere Väter – Blick in einen Trümmerhaufen

Wieder einmal haben wir den Versuch unternommen vom Krieg und den Nazis zu erzählen, und wieder sind wir an diesen Bildern gescheitert. Aber ist es nicht der Versuch auf den es ankommt, nicht das Scheitern? Ich wünschte es wäre so einfach.

Tom Schilling
Tom Schilling in Teil 1 von UNSERE MÜTTER, UNSERE VÄTER

Doch der Reihe nach. Der Berichterstattung im Vorfeld der TV-Ausstrahlung konnte man sich nicht entziehen, allerorts wurde darüber berichtet und durch die Reihe weg gelobt. Vereinzelt gab es dann die üblichen Hinweise auf Fehler, historische Ungenauigkeiten, Mängel in der Dramaturgie und Sprache. Nicht wenige haben den Selbstversuch entnervt abgebrochen, ohne das Ende zu kennen. Ja, es gibt bessere Filme über den Krieg, auch Deutsche. DIE BRÜCKE, 1959 wird gerne heran gezogen, aber auch im Fernsehen hatten wir schon 1960 AM GRÜNEN STRAND DER SPREE den Russlandfeldzug thematisiert, auch wenn dort noch an der Legende böse SS und gute Wehrmacht gestrickt wurde. Die Liste lässt sich verlängern: in den 70er Jahren gab es den Aufschrei nach der HOLOCAUST-Serie, in den 80ern kam DAS BOOT und HEIMAT, die verunglückte Verfilmung der Tagebücher von Victor Klemperer Ende der 90er. Was dann folgte, waren die entsetzlichen Feelgoodmovies und Neo-Heimatfilme, wie sie Georg Seeßlen in seinem Aufsatz “Neue Heimat, alte Helden” 2008 einordnete: DIE GUSTLOFF, DER UNTERGANG und DRESDEN, HINDENBURG. Ein Genre, in dem sich nach Joseph Vilsmaier nun Nico Hoffmann und seiner Firma Teamworx bequem eingerichtet haben, und nicht mehr nur bei den Privaten Rummel machen, sondern auch ROMMEL für die ARD. Wobei diese letzten Produktionen einen genaueren Blick verdienen, erfolgt doch eine Einbettung in einen Programmkontext mit Dokumentationen und Talkshows, die die Seriosität der fiktionalen Programme unterstreichen sollen. Ein Ansatz, der bei UNSERE MÜTTER, UNSERE VÄTER wieder zum Einsatz kommt.

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„Ehe du etwas Negatives über jemanden sagst…“

Was ich meinem Sohn erzähle – 003

„… lobe ihn für zwei Dinge.“ – Man kann nie objektiv sein, dazu steht man sich zu sehr selbst im Weg. Kritik an anderen geht einem dennoch zu leicht von den Lippen, viel häufiger als Lob. Das mag daran liegen, dass uns eher etwas auffällt was uns stört, als dass wir begreifen wie reibungslos alles läuft. Oft braucht es eine Erkältung um uns bewusst zu machen, wie lange wir schon wieder gesund waren – selbstverständlich ohne uns über diesen Umstand gefreut zu haben. Das heißt aber noch lange nicht, dass man mit seiner Kritik hinterm Berg halten soll. Aber man kann versuchen sie diplomatischer an den Mann, die Frau und besonders das Kind zu bringen.

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Phase

Oder Nullleiter?

Erde.

Gut, dass es die alte Erde gibt.

Und der Heimwerker sprach:

Es werde Licht.

An der Wand, der Decke, über Spiegeln und Brettern.

Und es ward Licht.

Meistens.

Und Löcher.

Mancherorts mehr als nötig.

Dafür aber mit Dübeln.

Um den Leuchten Halt zu bieten.

Drum, liebe Freunde, Kollegen und Kontakte:

Auch im neuen Jahr bin ich für euch da, biete Rat, Tat und einen Ort zum Innehalten, neu Orientieren und Ausruhen.

Seid auch 2013 willkommen, geerdet, gesund und in Sicherheit.

Eure Leuchte auf Erden.

Keine Sorge.

Ist nur ’ne Phase.

Umzug

Nach knapp 10 Jahren bin ich zum ersten Mal wieder umgezogen. Ich kann nicht gerade von mir behaupten, dass ich das vermisst hätte. Nur dieses Mal ist etwas wesentliches anders: es geht aus einer Mietwohnung ins Eigenheim. Mir behagt nicht der mögliche Einfluss dieses Umstands auf meinen bis dato unabhängigen Geist.

Umzugskartons
Umzugskarton

Ich war immer ein Freund von Mietwohnungen, ein Zigeuner im Herzen, nur mit Wohnungen ohne Rädern drunter. Schließlich bin ich das schon beruflich gewohnt: mein HD-Studio ist transportabel angelegt, je nach Umfang des Jobs schnappe ich mir meine Koffer und kann mich innerhalb von einer knappen Stunde überall einrichten wo ein bisschen Platz und eine Steckdose ist. Mir jetzt plötzlich ein festes Studio einrichten zu können, hat etwas beängstigendes. Was kommt als Nächstes? Die Sorge um Kratzer im Fußboden, den Kacheln und Fugen? Plastikfolien auf den Sitzmöbeln? Rasen mähen und die Regenrinne vom herbstlichen Laubbefall reinigen? Ja Himmel-Arsch-und-Zwirn ich hab doch besseres zu tun, darum wohne ich doch woanders, wo man sich um dergleichen eben nicht zu kümmern braucht! Vielleicht mache ich mir da ja unberechtigte Sorgen, und es kommt ganz anders… Vorher ziehe ich jedenfalls lieber wieder aus. Man kann Häuser ja genauso vermieten und muss nicht selber darin wohnen. Was keine Kritik an dem Haus, der Nachbarschaft oder irgendwem sein soll. Aber brauch ich das? Nein. Mich beruhigen allerdings die Ziegel mehr, als der vormalige Kontostand bei der Bank. Von High-traffic-brick-transfers habe ich jedenfalls noch nichts gehört. Es ist ein gutes Gefühl Handwerker für ihre Arbeit zu bezahlen, die man sehen kann, und nicht nur Zahlen per Mausklick verschiebt.

Ok, selbst wenn ich mal mit der Kamera oder dem Mikrofon unterwegs bin, manchmal bin ich selber „nur“ ein Mausschubser. Aber ob dabei ein Text entsteht, ein Blogeintrag, ein Drehbuch, ein Video… es entsteht etwas, und kein Geld wandert nur virtuell von Konto A auf Konto Z via Konten in B-Y und von dort zurück. Das könnte man Diebstahl nennen, wenn letztendlich nur Geld von der Tasche der anderen in die einiger weniger wandert, oder? Irgendwo hört die Dienstleistung auf, und der Raub beginnt. Mit meinem Geld dürfen diese Säcke jetzt nicht mehr spielen. Obwohl, eigentlich spielen die ja seit Jahren nur noch mit unser aller Schulden – realen Gegenwert hat das nicht mehr, was die tun.

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