Archiv der Kategorie: Medien

Europäischer Zaubertrank

Das Europabild in unseren Medien ist verzerrt, widerlich, abstoßend. Darum möchte ich ein anderes dagegen setzen. Ein positiv besetztes, auf das wir uns alle einigen könnten, das wir lieben, schon lange kennen, und dem wir schleunigst nacheifern sollten. Vielleicht nicht in allen Belangen, aber es wäre schon mal ein guter Anfang, wenn wir uns alle an diesen Ureuropäern orientieren würden:

Asterix und Co.
Asterix und Co. – wahre Europäer

Perfekt sind sie nicht. Dann wären sie vermutlich noch Vegetarier. Dafür sind sie Vegetariern gegenüber wenigstens tolerant. Vor allem sind sie eine Frischzellenkur für die europäische Idee. Eine Bastion, auf die man sich zurückziehen kann, die man verteidigt. Nicht notwendigerweise am Hindukusch, sondern zu allererst bei uns daheim in Europa, vor der eigenen Haustür. Das kleine, unbeugsame gallische Dorf, das jeder Übermacht trotzt, aus jedem Konflikt siegreich hervor geht, und sich doch stets selbst genügt. Fremden wird geholfen, wenn sie in Not sind. Sie genießen Asyl, bis in deren Heimat für Recht und Ordnung gesorgt wurde. Ein lokaler, internationaler Gerichtshof, der das Gleichgewicht/Gerechtigkeit wieder herstellt. Zur Not mit Hilfe des Zaubertranks. Die Demokratie wird dort verteidigt, wo Ungerechtigkeit herrscht. Lokal. Vor Ort werden die Probleme analysiert, und gelöst. Asterix und Obelix sind die mobile Eingreiftruppe. Sie lernen “fremde” Kulturen kennen, und tolerieren sie, auch wenn sie ihnen fremd bleiben (“Die spinnen, die…”), probieren ihre regionalen Spezialitäten, kehren mit neuen Eindrücken zurück, und berichten daheim aus erster Hand. Die Fremde mag vor Klischees triefen, ob zutreffend oder nicht, nie liegt es in der Absicht der Besucher die Menschen zu “bekehren” – sie kommentieren zwar, wundern sich, aber lassen die Menschen wie sie sind, oder helfen ihnen dabei sich selbst zu helfen. Nur Ungerechtigkeit nehmen sie nicht hin, und schlagen sich konsequent auf die Seite der Schwächeren. Nachhaltige Europäer, die mit dem Erreichten zufrieden sind, das sie verteidigen, wenn es bedroht ist. So stelle ich mir echte Europäer vor.

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Drei auf einen Streich (3) – Filmbesprechungen

Dritter Streich meiner auf moviepilot verfassten Kurzbesprechungen von mal mehr, und mal weniger sehenswerten Filmen:

NOT FADE AWAY (2012), David Chase

NOT FADE AWAY (2012)

Der Vorhang im ARRI Kino geht mit einem Geräusch auf, als würde er von einem protestierenden Esel aufgezogen. Das geschieht aber so rhythmisch, das es den folgenden Film geradezu mustergültig einzählt. NOT FADE AWAY ist ein Musikfilm, der mir ein Grinsen nach dem anderen ins Gesicht gezaubert hat. Er fängt anhand der 60er Jahre exemplarisch ein, was Rockmusik ausmacht, indem er vom Scheitern einer Band erzählt – daraus macht er keinen Hehl: wir erfahren es gleich zu Anfang, als wir Zeugen der Begegnung von Keith Richard und Mick Jagger werden, nur um kurz darauf einer ähnlich gestrickten ersten Begegnung zweier Musiker-Seelen beizuwohnen. Danach ertappt man sich doch immer wieder während des Films, dass man den Protagonisten ebenfalls Erfolg wünscht, da sie die richtigen, wenn auch schmerzhaften Entscheidungen treffen werden, vor die man in Bands eben gestellt ist, und der Durchbruch zunehmend in greifbare Nähe rückt. David Chase und Steven Van Zandt, der für die Musik verantwortlich war, lassen uns die fiebrige Zeit miterleben, zwischen Bandproben, den Stones, Beatles und Bo Diddley, Vinyl, Plattenläden, Covern und einer Zeit, in der noch zu- und hingehört wurde, und nicht alle Musik zur Berieselung in Supermärkten und Aufzügen taugte, sondern vor allem zum Knutschen. Man verliebt sich unweigerlich mit in Bella Heathcote, deren Gesicht man nicht vergessen wird, leidet mit dem zum Mick Dillan Verschnitt heran reifenden John Magaro mit, und folgt der präzisen Inszenierung willg bis zum viel zu frühen Ende. James Gandolfinfi hat einen wunderbaren Auftritt, in dem er seine Vaterfiguren um eine weitere Nuance bereichert. Die Natürlichkeit dieser Figur, mit minimaler Gestik und Körpersprache vorgetragen, machen in nur wenigen Szenen um so schmerzlicher bewusst, dass wieder ein großer Darsteller zu früh von uns gegangen ist. Es gibt eine Einstellung in diesem Film, wo er als letzter an der Kreuzung steht, seinem Sohn nach sieht, und sich auch die Kamera vo ihm fort bewegt – wir werden ihr nächstes Jahr während der „in memoriam“ Sektion bei der Oscar-Verleihung wieder begegnen – und er weiß, dass sie sich nicht wiedersehen werden. Herzzerreißend.

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Drei auf einen Streich (2) – Filmbesprechungen

Zweite Ausgabe meiner auf moviepilot verfassten Kurzbesprechungen von mal mehr, und mal weniger sehenswerten Filmen:

PHASE IV (1974), Saul Bass

PHASE IV (1974)

Schon lange auf der Liste gehabt, endlich den richtigen Abend gefunden, und dann… Ernüchterung (trotz Gerstensaft) – was hätte das für ein brillanter Film sein können! Ich meine: Saul Bass! Ameisen! Und dann doch „nur“ ein B-Movie? Muss ja nicht schlecht sein, und ich liebe die New Hollywood Ära. Aber der Film hat bei mir nicht gezündet. Die Idee ist brillant, aber wird meines Erachtens verschenkt. Die Insektenaufnahmen sind fantastisch, die mit den Darstellern sind es nicht. Szenen wie jene mit der Gottesanbeterin sind fantastisch, andere, gerade jene mit den Menschen lassen mich kalt. Mit Ausnahme jener, wo es zu dem Intelligenz-Test zwischen den Spezies kommt – da bricht wohl auch der Grafiker im Regisseur durch :) Punkt, Komma, Strich – äh, Quadrat, Kreis, Punkt – fertig ist das Rätsel. Klasse. Aber leider zu wenig davon.

PHASE IV ist wie ein Vorläufer von Frank Schätzings „Der Schwarm“, nur eben mit Ameisen, und schreit geradezu nach einem Remake, dass das volle Potential des Plots ausschöpft und zu einer Story verknotet. Zum Beispiel von Jeff Nichols – das wär doch was.

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Braunschlag

Das ist nicht mein Beitrag zur NSU-Thematik, sondern zur famosen ORF-Miniserie BRAUNSCHLAG von David Schalko. Die Begeisterung hat mich und ein paar Kollegen – und eine Kollegin – dazu angespornt einen Podcast auf die Beine zu stellen. Auch als Trotzreaktion darauf, dass die Heftausgaben des Magazins aufgrund ausbleibender Anzeigenkunden vorübergehend pausieren müssen. Ein >Klick< unter das Logo bringt euch direkt zur Pilotfolge: torrent-Podcast-Logo
Episode 1 – BRAUNSCHLAG von David Schalko

„Das serielle Quartett“ plant von nun ab monatlich zu konferieren und Wissenswertes rund um das Thema Fernsehserien zu berichten. Wer auf dem Laufenden bleiben möchte, abonniere sich gleich den Feed: http://torrent-magazin.de/category/podcast/feed

UPDATE: Jetzt auch via iTunes: https://itunes.apple.com/de/podcast/torrent-podcast/id656286720?l=en&mt=2

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Drei auf einen Streich (1) – Filmbesprechungen

Seit etwas über einem Jahr bin ich nun auf der Plattform moviepilot aktiv, und finde immer mehr Gefallen daran dort Kurzbesprechungen von Filmen zu verfassen. Da dort mittlerweile ein paar zusammen gekommen sind, möchte ich die gelungeneren hier zusammen führen. Den Anfang machen:

DAS IRRLICHT (1963), Louis Malle

DAS IRRLICHT (1963)

Meine erste Reaktion, als der Film anfing war Erleichterung. Kein Schnittstakkato, stattdessen lange, wunderschön komponierte s/w Einstellungen von einem Mann und einer Frau im Bett. Auf dem Nachttisch keine Mobiltelefone, keine Elektronik, nicht einmal ein “vibrierendes Ei” (à la Woody Allen) – nur Zigaretten. Für die eigene Gesundheit vielleicht fragwürdig, aber der diskrete Charme der Zigarette danach überwiegt eindeutig das Statusupdate im Netz. Diese Unaufgeregtheit des Anfangs sorgte im Handumdrehen dafür, dass ich mich in diesem Film Zuhause fühlte. Und wenn später Maurice Ronet durch Paris läuft, möchte ich ebenfalls dort leben, im Straßencafé sitzen, den vorüber gehenden Menschen zusehen, Jeanne Moreau über den Weg laufen, mit ihr klug parlieren und dann könnte ich glücklich sterben. Ähnlich und doch ganz anders ergeht es Alain im Film. Er redet viel vom Warten, dabei ist er doch auf der Suche. Nach sich selbst. Und zugleich auf der Flucht. Vor sich selbst. Gleichzeitig kann das nicht gut gehen. Er genügt sich selber nicht, und fällt doch immer wieder auf sich zurück. Seine Freunde sind weder imstande die richtigen Worte für ihn zu finden, noch in der Lage ihm die Nähe zu geben, die er braucht, um die eigene Gegenwart ertragen zu können. Noch nie habe ich eine Depression so schön erzählt bekommen, wie in diesem Film.

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