Was ich meinem Sohn erzähle – 005
„… sondern verleihe ihnen einen Sinn.“ – Menschen sind fehlbar. In erster Linie natürlich alle anderen. Man selbst eher nicht. Passiert schon, das ja, wenn dann aber höchstens selten. Also seltener als bei anderen. Wir wären gerne unfehlbar, sind es aber nicht. Niemand möchte Fehler machen, dabei brauchen wir Dickschädel sie, um etwas zu begreifen. Wenn uns etwas definiert, dann sind es unsere Fehler, unsere „Unfälle“, unser Versagen. Wie jemand tickt erkennt man am Besten daran, wie er mit den eigenen Fehlleistungen umgeht. Unsere persönliche Geschichte, die also, die wir uns von uns selbst erzählen, ist meistens nur eine Aneinanderreihung von unseren Glanzstunden – und damit werden wir unser Gegenüber schnell zu Tode langweilen. Denn unterhalsam sind unsere Fehlentscheidungen. Sie sind es, die uns menschlich machen, und Größe beweist man in der Niederlage. Siegen kann jeder. Den Unterschied macht, ob wir Schlüsse aus ihnen ziehen. Denn ungeschehen machen kann man sie sowieso nicht. Wir brauchen Fehler, um Dinge zu lernen, die anders einfach nicht in unsere Birne wollen. Jeder kann Narben vorzeigen, wo er zu nah ans Feuer oder zu verspielt an eine scharfe Klinge heran gegangen ist. Wer ohne Narbe ist, werfe den ersten Stein – aber bitte niemandem an den Kopf. Hauptsache ist, die neuen Lektionen schaffen es in den Kopf. Menschen, die sich den Anschein von Unfehlbarkeit geben, sind vermutlich nicht nur mir suspekt. Wenn sie dann noch anderen Menschen weh tun, ohne es zu merken – oder noch schlimmer: bewusst – tun sie mir nur noch leid.
Sogar Superhelden bauen ständig Mist. Heulen die deswegen rum? Manchmal selbst die Tapfersten. Das einzige probate Mittel, was einen zuverlässig die eigene Unfehlbarkeit besser ertragen lässt ist Humor: Man lacht über sich selbst. Dann macht man weiter. So als wäre etwas gewesen.