Nein, für euch schreiben werd’ ich nicht!

Ich geb zu, ich habe damit geliebäugelt, als mich ein Kollege auf die Ausschreibung zu Racconti #3 hingewiesen hat – einem Script-Lab für Drehbuchautoren. Immerhin winkt den glücklichen Auserwählten dieses Mal gar der Aufenthalt in einem writers‘ room, noch dazu für eine Mystery-Serie. Das klingt doch wie ein auf mich zugeschnittener Traum, wieso also meine pathetische Reaktion als Mischung aus Reinhard Mey und Wolfgang Borchert?

Nein für all jene, denen das Wasser bereits weit über dem Hals steht
Nein für all jene, denen das Wasser bereits weit über dem Hals steht

Wieso also jetzt diese heftige Ablehnungsreaktion? Man leckt sich doch förmlich die Lippen nach den Gastdozenten Jeppe Gjervig („Borgen“) und David Schalko („Braunschlag“), aber Moment – Gastdozenten? Mit wem verbringt man denn dort seine Zeit, mit wem arbeitet man dort? Daniel Speck. So heißt die Hauptfigur in meinem NEULAND-Drehbuch, aber gemeint ist der Autor von MARIA, IHM SCHMECKT’S NICHT. Aber seien wir fair, das war eine Buch-Adaption. Was hat er noch geschrieben? MEINE VERRÜCKTE TÜRKISCHE HOCHZEIT. Einen „ausgezeichneten“ Fernsehfilm. Also mit Preisen. Fernsehpreisen. Weitere Filmtitel erspare ich mir aufzuzählen. Ich will den Kollegen jetzt nicht vorverurteilen, schließlich habe ich keinen der genannten Filme gesehen, und vielleicht hat er ja Bock darauf mal was ganz anderes zu schreiben. Nein, was mich wirklich ankotzt sind diese ewigen Programme, Lehrgänge und Förderungen, nicht die Kollegen.

Es gibt keine Garantie danach einen Job zu haben, nur dass einem wieder irgendein Gremium zuhört, und man Wochen, oder Monate lang an etwas feil, dass dann nur in den Schubladen verschwindet. Dieses Jahr auf dem Münchner Filmfest stand ich selbst vor einem, als die Kollegen von Racconti #2 ihre Projekte woanders vorstellten. Nur denken wir uns diese Stoffe nicht für diese Gremien aus, sondern für Zuschauer. Und genau die erfahren nie davon, können dementsprechend also auch nicht mitreden. Man lässt sich tolle Stoffe einfallen, stellt sie vor, produziert wird dann am Ende meist doch etwas, was man zuvor längst in Auftrag gegeben hat, und was einen den Kopf schütteln lässt, wenn man es dann bei der Ausstrahlung sieht. Es ist diese Beschäftigungstherapie für uns ausgehungerte Autoren, die mich stört. Wir füllen Anträge aus, feilen an Texten, die dann doch keiner liest. Die Jury wartet ja nur darauf, dass sie ihnen am Ende „vorgespielt“ wird.

Das habe ich alles hinter mir. Nein, ich erzähle lieber gleich dem Publikum selbst, was ich mir ausgedacht habe, woran ich gerade feile, und wer will, kann selbst mitmachen. Seit Ende Oktober diesen Jahres funktioniert mein eigener writers‘ room in aller Öffentlichkeit. Und wie es der Zufall will, ist das ebenfalls eine Mystery Serie. Aber eine, wo uns niemand reinredet, sondern jeder mitreden darf. Ein kleiner, aber feiner Unterschied.

Und worum wird es bei den Kollegen gehen? TRESHOLDS heißt die Serie, an der sie mitwirken dürfen – denn auf die Eckpunkte hat man sich bereits ohne uns verständigt: „Ein Psychiater mit hellseherischen Fähigkeiten, eine Serie von Teenager-Selbstmorden und ein dunkles Familiengeheimnis.“ Sowie „Nahtoderfahrungen“. Ah ja. Für mich ist da schon ein grober Schnitzer enthalten. Wenn es keine PsychiaterIN ist, interessiert es mich nicht, bzw. wird bereits viel verschenkt. Guckt THE GIFT, liebe Showrunner, vielleicht geht euch dann ein Licht auf. Aber lassen wir das. Mehr kann und werde ich nicht für euch tun, denn ich schreibe eben keine Anträge mehr. Hat mir noch nie Spaß gemacht, mich nur unnötig beschäftigt, abgelenkt, und am Ende (fast) nie etwas gebracht, was im Verhältnis zum Aufwand dafür gestanden wäre.

Nein, darauf habe ich keine Lust mehr. Mit euch schreibe ich gerne, aber nicht mehr „unter Aufsicht“, sondern ausschließlich vor und für Publikum. Darum, liebe Kollegen, sagt NEIN und lauft zu uns über! Sollen sie ihren Schund in ihren Programmen, Lehrgängen und Seminaren doch gleich alleine schreiben. Uns brauchen sie dazu doch sowieso nicht.

Ein Gedanke zu „Nein, für euch schreiben werd’ ich nicht!

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