Alle Beiträge von Jens Prausnitz

Über Jens Prausnitz

Filmemacher, Vater, Ehemann. In Deutschland geboren, in Polen wohnhaft, in Europa zuhause.

Drei auf einen Streich (10) – Filmbesprechungen

Zeit für den nächsten Schwung kurzer Filmbetrachtungen, wie ich sie auf moviepilot manchmal reihenweise raushaue:

A WOMAN UNDER THE INFLUENCE (1974), John Cassavetes

A WOMAN UNDER THE INFLUENCE (1974)
Gena Rowlands

Ein Film wie ein Spiegel, in dem man mehr sehen kann als einem lieb ist. Und wer geht schon ins Kino (oder wirft sich eine DVD ein) um dann nicht doch hin zu sehen? Hier ertappt man sich immer mal wieder dabei, dass man lieber wegsehen möchte, aber die Szenen sind glücklicherweise so lang, dass man doch wieder hinsieht. Zu erkennen gibt es viel, so unfaßbar viel, dass es einen sprachlos zurück lassen kann. Alles spielt sich federleicht vor unseren Augen ab, ohne dass einem die Figuren vorgeführt werden. Unsere Meinungen und Vorurteile über sie bringen wir schon selber mit, wer hier böse, gut oder normal ist, entscheidet jeder für sich, und gemeinsam ist uns, dass wir uns alle irren. Wer sich darauf einlässt, wohnt einem Exorzismus bei – und zwar an sich selbst.

“(…) will you please stand up for me?”

Spätestens an der Stelle sollte es einem jeden von uns das Herz brechen, weil wir alle zu oft nur sitzen bleiben. Im Namen dessen, was “normal” ist. Weil wir wissen was normal ist. Wer denn sonst, wenn nicht wir? Alle anderen? Der Ehemann? Die Ehefrau? Die Kinder? Die Eltern? Die Kollegen? Die Gesellschaft? Der Job? Hauptsache das Normale setzt sich am Ende durch. Nicht wahr? Doch wahr? Wer es zulässt, dem zieht dieser Film den Teppich unter den Füßen weg, und man holt sich zu Recht ein paar blaue Flecken. Das kann man nicht jeden Tag gucken, aber ab und zu haben wir es nötig, und wenn es nur dazu dient, um nicht nur wieder aufzustehen, sondern für jemanden oder etwas einzustehen.

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Flutlicht

Lieblingssongs – 001

Diese neue Kategorie eröffne ich mit einem Lied, das mir seit gestern mal wieder nicht aus dem Kopf geht. Der Anlass ist ein trauriger, der überraschende Tod von Philip Seymour Hoffman. Das Lied ist „here comes the flood“ von Peter Gabriel, allerdings in der späteren Fassung:

Das ist auch die erste Fassung, die ich davon gehört habe, und vielleicht ist es deswegen immer die Erste, die ich im Ohr habe. Zum Vergleich: hier das Original. Was mich daran immer wieder neu begeistert ist, dass ich es nicht schaffe, es konzentriert bis zum Ende durchzuhören – jedes, aber auch jedes Mal schweifen meine Gedanken ab, und es trägt mich woanders hin, immer mal wieder schnappt mein Bewusstsein Textfragmente auf, die – aus welchem Grund auch immer – gerade etwas in mir auslösen. Und ist das nicht das Schönste, was man über ein Lied sagen kann? Dass es dem Musiker gelingt etwas für ihn wahrhaftig empfundenes in Worte und Melodien zu fassen, das von anderen nicht unbedingt inhaltlich verstanden werden muss, um einen doch tief zu berühren? Versucht euch doch mal an diesem Text, und seht ob es gelingt euch einen Reim darauf zu machen oder gar schlau aus ihm zu werden:

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Armarbeit

Lieblingsszenen-019

So wie das Vorjahr endete, so beginnt auch dieses mit einer Wirtshaus-Situation. Diese hier liebte ich allerdings schon als Kind und hat bis heute nichts von ihrem Charme eingebüßt: Die Rede ist von diesem überragenden Duell in VIER FÄUSTE FÜR EIN HALLELUJA von Enzo Barboni:

Vier Fäuste für ein Halleluja
Duell für Kurzsichtige (bitte Bild anklicken)

Wundervoll, nicht wahr? Der Kontrast aus Bewegungslosigkeit in den Zwischenschnitten zu dem mit geringerer Bildfrequenz gedrehtem „Herzstück“ der Szene, einfach wunderbar. Die Krönung ist dann die unmittelbare Wiederholung der gleichen Nummer, und spätestens wenn Terrence Hill mit seiner linken Hand antäuscht, ist es um mich geschehen, und ich wälze mich brüllend vor Lachen am Boden. Na ja, jetzt nicht mehr, aber zu einem Schmunzeln reicht es locker immer noch :)

The same thing in English after the click.

Drei auf einen Streich (9) – Filmbesprechungen

Das neue Jahr beginne ich mal mit drei Blockbuster-Enttäuschungen der letzten Jahre, wie man sie bereits auf moviepilot nachlesen konnte:

HOBBIT – SMAUGS EINÖDE (2013), Peter Jackson

HOBBIT - SMAUGS EINÖDE (2013)
„Was habt ihr mit seinen Augen gemacht?“

Legolas als „Rosemary’s Baby“ – als einziger Elf muss er Kontaktlinsen tragen… was so viel bedeutet wie, man traut Orlando Bloom nicht zu beim in Teil 3 bevorstehenden Abschied von Tauriel darstellerisch zu überzeugen. An seiner Stelle wäre ich ein wenig angepisst. Aus Trauer über seinen (wie auch immer gearteten) Verlust wird sich also seine Augenfarbe ändern. Keine Sorge vielleicht stirbt sie gar nicht in seinen Armen (das dürfen in Teil 3 erst mal andere), sondern begibt sich auf Ork-Jagd in einer Spin-Off-Serie: TAURIEL – MIDDLE-EARTH ORK HUNTRESS. Doch, doch, irgendwas muss Warner Brothers dem Star Wars und Marvel Universum entgegen setzen, und diese Franchise ist doch diiiiie Steilvorlage überhaupt! Dann der Vater/Sohn Konflikt um das Mädel. Papa Elf hat ja auch ein Auge auf sie geworfen, also darf der Sohnemann nicht ran. Bleibt nur der Tod, oder eine anderweitige Entsorgung der Figur. Also bereiten wir uns darauf vor, neben der obligatorischen dritten Spielfilmtrilogie wird es noch (mindestens) eine TV-Serie geben. Doch, doch, kommt bestimmt… *schnief

Warum muss es immer von allem zu viel sein bei Jackson? Das ist nicht mehr der verspielte Regisseur von einst, als den ich ihn noch mit BAD TASTE kennengelernt habe, sondern einer, der alles reinpackt, was geht. Von allen Zutaten zu viel, eine Filmtrilogie, die sich an sich selbst überfressen hat. Die Sets sind alle künstlich aufgeblasen, damit die 3D-Kamera in Spiralen um alles kreisen kann, und damit fehlt ihnen die Eleganz und vor allem Funktionalität, wie man sie im HERR DER RINGE noch mühelos überall hin zimmerte. Meinetwegen, aber muss man dann Go-Pro Aufnahmen in die Flucht mit den Fässern schneiden? Was war das denn, billigste Videoästhetik, drei mal reingeschnitten. Hätte man die Einstellungen weg gelassen, hätte es auch gereicht. Schön, dass man die Subjektive für die Fässer probiert hat, aber wenn es nichts taugt, schneidet man es ganz raus, die Sequenz hätte locker ohne funktioniert. Aber das ist genau die wiederkehrende Symptomatik: Der Regisseur steht vor dem großen „oder“, aus der Fülle an Vorschlägen und Material auszuwählen, und Jackson macht einfach ein „und“ daraus. Dass ist nicht mehr dasselbe. Macht doch gerne extended cuts, 4 oder 5 Stunden, aber im Kino bitte auf das wesentliche beschränken, und da hätte man eine Stunde einsparen können.

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