Als ich diesen Blog ins Leben rief hatte ich mir vorgenommen mich nicht politisch zu äußern, immer neutral zu bleiben, und wenn es geht provokante Positionen zu vermeiden. Das ist mir nicht länger möglich, weil ich mich für die Stimmung in dem Land aus dem ich komme schäme. Scham über eine fremdenfeindliche, braune Stimmung, die in weiten Teilen Europas mehr und mehr Zustimmung findet, aber mich nirgendwo wütender macht, als in meiner Heimat.
Vor ziemlich genau 20 Jahren habe ich mich mit ähnlichen Fotos an der Münchner Filmhochschule beworben, und PLAYMOBIL wird es mir hoffentlich verzeihen, dass ich ihre Figuren erneut auf diese Weise in Szene gesetzt habe. Aber gerade die schmerzhafte Vorstellung, dass sich selbst hinter dem Dauergrinsen der Figuren eine braune Gesinnung verbergen kann, jagt mir damals wie heute einen Schauer über den Rücken.
Damals brannten Asylantenheime und Lichterketten. Jetzt brennt es in den Herzen, und nach außen sind wir müde geworden. Der Protest wird leiser, die Stimmung ist gekippt. Wieder einmal wird allem Fremden Schuld in die Schuhe geschoben, weil es bequemer ist als sich mit einer komplexen Welt auseinander zu setzen. Für die Bequemen müssen Schuldige her, die man feuern und entsorgen kann (wie Bundespräsidenten oder andere vereinzelte Politiker – aber der direkten Einflussnahme der Wirtschaft auf die Politik einen Riegel vor zu schieben kommt nicht in den Sinn, es sei denn es steht „MARS“ drauf – und ist der kleine Hunger erst befriedigt, hat der Zorn keine Nahrung mehr, und alles läuft weiter wie bisher) oder jemand, der sich nicht wehren kann. Sehr geeignet ist dabei die Sippenhaft, Hauptsache man kann verallgemeinern, vergleichen, knappe Antworten geben. Anfang des letzten Jahrhunderts waren es „die“ Juden, gegen Ende des Jahrhunderts dann „die“ Asylanten, im neuen Jahrtausend wich das „die“ einem „der“ bzw. dem Islam, der für sich so bedrohlich ist wie Cat Stevens, oder jede andere Religion. Mit Religion sollte man es halten wie Richard Dawkins. Selber denken mag manchmal weh tun, aber es lohnt sich. Nicht glauben, sondern handeln.
Ein guter Anfang ist heute immer das Gegenteil von dem was unsere Politiker sagen mit zu denken, schnell wird aus Populismus und kurzfristigen Lösungen ein erster Ansatz für Nachhaltigkeit. Parteien verbieten ist so sinnvoll, wie der Natur Vorschriften zu machen. Das klappt ja nicht mal umgekehrt bei der Wettervorhersage. Unsere Politiker sind schließlich von der Tagespolitik und der durchschnittlichen Aufmerksamkeitsspanne des Volkes, Quoten und Umfragen in den Leitmedien geblendet. Dazu gesellt sich die Kurzsichtigkeit, die Eintritt, wenn man nur noch auf Bildschirme guckt und beim Aufsehen davon sofort von Lobbyisten umringt wird. Also anstatt sich mit den Ursachen auseinander zu setzen, konzentriert man sich auf die Behandlung von Symptomen. Ein Symbolhafter Zwangsrücktritt, Verbote, fertig. Blödsinn. Die Rechten verbieten und gleichzeitig so tun, als gäbe es die Linken im Bundestag nicht. Einfältig. Politik auf Sandkastenniveau. Ein Armutszeugnis in Sachen politischer Kultur.
Das Gegenteil zu tun wäre ratsam, also alle Positionen zu diskutieren, aber dann fiele als erstes der hauchdünne Schleier welcher uns vor dem Erkennen der Substanzlosigkeit unserer Kultur bewahrt. Die Rechten reden lassen? Ja. Die Linke auch? Natürlich. Schwerer fällt das konzentrierte Zuhören, das ruhige Verarbeiten und das besonnene Antworten. Kann man in keiner Talkshow beobachten, dabei gibt es daran wahrlich keinen Mangel. Das freie Sprechen ist eine Sache, dies angstfrei tun zu können eine andere. Ein Rechter kann angesichts brennender Kerzen einer Lichterkette in der Nacht noch immer sicher über die Straße gehen. Ein „Fremder“ angesichts von Baseballschlägern in einer Seitenstraße eher weniger. Und jetzt werden diese Seitenstraßen von gestern die Autobahnen von morgen. Für „Wehret den Anfängen“ ist es längst zu spät, jetzt heißt es „Anfangen sich zu wehren“, aber schnell. Denn die Fremdenfeindlichkeit ist längst an der Tagesordnung und Tote sind zu beklagen. Jetzt oder nie, denn im nächsten Schritt werden wir uns an die Toten gewöhnen, und wieder weg sehen, wenn die Opferzahlen steigen. Schon jetzt wird lieber gerechnet, welche Statistik näher an der Wirklichkeit ist, anstatt jeden Toten als einen zu viel zu begreifen. Für die Unversehrtheit der Fremden bei uns einzustehen ist unsere Pflicht. Sie kennen zu lernen ebenfalls. Es sind nicht nur Touristen, die ihr Geld bei uns lassen, oder schon in x-ter Generation hier leben und arbeiten, und mit uns im gleichen Boot sitzen, sondern immer auch Menschen, die uns die Chance bieten unseren eigenen Horizont zu erweitern, uns auf neue Ideen zu bringen. Oder zum Lachen, Schmunzeln, Kopf schütteln.
Höchste Zeit sich an die eigene Nase zu fassen, denn es stinkt in unserem Land zum Himmel. Die braune Suppe haben wir uns selbst eingebrockt, jetzt müssen wir sie eben auch auslöffeln.