Was ich meinem Sohn erzähle – 004
„… auch wenn es keinen Spaß macht.“ – Spaß wird ohnehin massiv überbewertet, genauso wie das „zu den Besten gehören“. Was ist das schon, Spaß? Wenn man nicht gerade schon mit Lachen beschäftigt ist, begreift man doch meistens erst im Nachhinein, dass man Spaß hatte. Lachen und Spaß sind aber nicht die einzigen Gradmesser. Man kann auch Glück oder besser Zufriedenheit sagen. Zufriedenheit empfindet man, wenn man einen längeren Zeitraum in einer Sache, mit der man beschäftigt ist aufgeht, wenn man sich seiner selbst nicht mehr bewusst ist, man „nur“ noch funktioniert, und es keine Rolle mehr spielt, ob man die Tätigkeit, die man gerade automatisch ausübt mag, oder nicht. Gelingt einem das, ist man hinterher zufrieden, ruhig, vielleicht ein wenig erschöpft und meistens glücklich. Das in-diesen-Zustand-hinein-kommen fällt einem natürlich bei den Dingen, die wir sowieso mögen am leichtesten. Die Herausforderung besteht also darin, das einem das bei allen Aufgaben gelingt, ebenso bei den Hausaufgaben, wie beim Schnürsenkel binden – was mangels Schuhen mit Selbigen unter Kindern heutzutage keine Selbstverständlichkeit mehr ist…
Wir haben diese Diskussion häufiger, z.B. vor dem Sport-Training, der Flucht vor dem Waschlappen… und wie trainiert man Aufmerksamkeit, konzentriert sein, in eine Sache vertieft sein? Was hilft? Übung? Ja, sicher. Man schlägt seinem Kind vor, „Komm, lass uns neben den Hausaufgaben noch ein paar andere zur Übung machen…“ – Willkommen in der Hölle. Nein, nicht mehr von der gleichen Medizin nehmen. Das wäre Gift. Ein Kind braucht Zeit für Langeweile, davon bin ich überzeugt. Es mit sich allein aushalten können, ohne Zuhilfenahme von batteriebetriebenen Geräten oder ähnlichem Gedöns, ist heute eine Seltenheit. Dann gibt es noch eine alte Kulturtechnik, die auf den Namen Meditation hört. Gibt’s heute auch als Apps, wo einem Esotypen vor den ewig gleichen Synthieklängen oder Natur-Geräuschkulissen mit ihrem sedierten Pädagogen-Singsang einlullen, und bei mir ungeahntes Aggressionspotential frei setzen, anstatt meine Aufmerksamkeit zu schärfen! Also löscht diesen Mist gleich wieder, setzt euch lieber mit euren Kindern bequem hin, und macht mit ihnen gemeinsam fünf Minuten lang nichts, während ihr euch auf eure Atmung konzentriert. Schließt dabei die Augen, schaut einander an – wie ihr wollt. Macht es mit euren Kindern, jeden Tag, regelmäßig. Davon haben hinterher alle was. Und Spaß sowieso, denn ohne Gekicher und Gepruste geht das in den seltensten Fällen gut.