Umzug

Nach knapp 10 Jahren bin ich zum ersten Mal wieder umgezogen. Ich kann nicht gerade von mir behaupten, dass ich das vermisst hätte. Nur dieses Mal ist etwas wesentliches anders: es geht aus einer Mietwohnung ins Eigenheim. Mir behagt nicht der mögliche Einfluss dieses Umstands auf meinen bis dato unabhängigen Geist.

Umzugskartons
Umzugskartons

Ich war immer ein Freund von Mietwohnungen, ein Zigeuner im Herzen, nur mit Wohnungen ohne Rädern drunter. Schließlich bin ich das schon beruflich gewohnt: mein HD-Studio ist transportabel angelegt, je nach Umfang des Jobs schnappe ich mir meine Koffer und kann mich innerhalb von einer knappen Stunde überall einrichten wo ein bisschen Platz und eine Steckdose ist. Mir jetzt plötzlich ein festes Studio einrichten zu können, hat etwas beängstigendes. Was kommt als Nächstes? Die Sorge um Kratzer im Fußboden, den Kacheln und Fugen? Plastikfolien auf den Sitzmöbeln? Rasen mähen und die Regenrinne vom herbstlichen Laubbefall reinigen? Ja Himmel-Arsch-und-Zwirn ich hab doch besseres zu tun, darum wohne ich doch woanders, wo man sich um dergleichen eben nicht zu kümmern braucht! Vielleicht mache ich mir da ja unberechtigte Sorgen, und es kommt ganz anders… Vorher ziehe ich jedenfalls lieber wieder aus. Man kann Häuser ja genauso vermieten und muss nicht selber darin wohnen. Was keine Kritik an dem Haus, der Nachbarschaft oder irgendwem sein soll. Aber brauch ich das? Nein. Mich beruhigen allerdings die Ziegel mehr, als der vormalige Kontostand bei der Bank. Von High-traffic-brick-transfers habe ich jedenfalls noch nichts gehört. Es ist ein gutes Gefühl Handwerker für ihre Arbeit zu bezahlen, die man sehen kann, und nicht nur Zahlen per Mausklick verschiebt.

Ok, selbst wenn ich mal mit der Kamera oder dem Mikrofon unterwegs bin, manchmal bin ich selber „nur“ ein Mausschubser. Aber ob dabei ein Text entsteht, ein Blogeintrag, ein Drehbuch, ein Video… es entsteht etwas, und kein Geld wandert nur virtuell von Konto A auf Konto Z via Konten in B-Y und von dort zurück. Das könnte man Diebstahl nennen, wenn letztendlich nur Geld von der Tasche der anderen in die einiger weniger wandert, oder? Irgendwo hört die Dienstleistung auf, und der Raub beginnt. Mit meinem Geld dürfen diese Säcke jetzt nicht mehr spielen. Obwohl, eigentlich spielen die ja seit Jahren nur noch mit unser aller Schulden – realen Gegenwert hat das nicht mehr, was die tun.

Zurück zu den Umzügen. Es ist ja nicht das Schleppen und Auspacken von Kartons was daran nervt, sondern das Packen. Da hilft es auch nicht, wenn man ein guter Tetris-Spieler ist. Obwohl es natürlich hilft. Aber spätestens irgendwo zwischen Tag 5 und Karton 23 hat man einfach keinen Bock mehr. Es gehen einem auch die Gedanken zum Nachhängen aus. Die verschwinden mit in den Kisten, die man zuklebt, glaube ich inzwischen.

Also ist es vielleicht doch mal an der Zeit die Kartons von meinem letzten Umzug auszupacken. Da stehen tatsächlich noch einige herum. Zum Teil weiß ich gar nicht mehr, was drinnen ist. Bei anderen schon: VHS Kassetten. Einige davon sollte ich dringend mal digitalisieren, so lange es noch geht. Da sind zum Beispiel diverse Profi-Zapping Mitschnitte aus den 90er Jahren. Das ging so: wenn man keine Sendung im Fernsehen verfolgte, galt es unter den Sendern diejenigen heraus zu picken, die auf einer gewissen Ebene miteinander kommunizieren wollen. Ein Echtzeit-Strategiespiel damals. So konnte man das schon damals schlechte Programm aufwerten. Irgendwann klappte das so gut, dass ich anfing solche Sessions gezielt aufzuzeichnen. Damals war ich noch nicht auf den Gedanken gekommen, dass das etwas mit Filmschnitt zu tun haben könnte. Darauf freue ich mich schon ein bisschen, wenn ich mit den bekannten und unbekannten, vergessenen Kisten in meinem Studio im Keller sitze…

Da haben wir’s. Das Eigenheim leitet unweigerlich die Alter-Sack-Phase ein. Schauen wir mal :)

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